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Mein Bauch ist Staatsfeind Nummer Eins

Mit Alice Schwarzer einer Meinung – im Leben hätte ich nicht gedacht, dass mir das noch passiert. Aber nun ist es soweit – ich muss einen Urspruch der Frauenemanzipation adaptieren: “Mein Bauch gehört mir” haben die Alices und Emmas einst gefordert, und nun ist es an der Zeit, dass wir Männer uns dem – laut wie einst die Frauen – anschließen.

Denn die Penetranz, mit der sich andere – allen voran feminine Politiker – um meinen Bauch öffentlich sorgen, nimmt bedrohliche Formen an. Viel Gezeter haben wir mit Nachsichtigkeit für sozial Zukurzgekommene und intellektuell Zukurzgeratene ertragen, – die Idee von einer Strafsteuer auf Pommes und Schokolade etwa oder die Lebensmittelampel, eine Vorstufe von Rezeptpflicht und dann Totalverbot für Leckereien.  Doch nun wird’s ernst, die behördliche Mobilmachung hat begonnen, die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), “eine Internationale Organisation mit 33 Mitgliedstaaten, die sich der Demokratie und Marktwirtschaft verpflichtet fühlen” (Wikipedia) leistet Aufbauhilfe für neue Kriegsministerien:
Dieser Debattierclub OECD, an dem Deutschland 8% hält, ist beim Kaffeekränzchen auf die Idee verfallen, meinen Bauch zu problematisieren. Vermutlich war gerade kein Krieg, kein Aids-Sterben und keine Hungersnot greifbar, und so sprachen die Ratschlagweisen: “OECD says governments must fight fat.”

Als erste Legionäre sind wie immer die Herren und Damen Journalisten zur Stelle, die dankbar nach dem Pariser Keks greifen und ihre Miesepetrigkeit über die Kundschaft ergießen. In ihren längst rauch- und bierfreien Schreibstuben mit Kaffee-Pad-Automaten hartherzig und hungerhakig geworden, zisseln sie uns einen Buchstabensalat zurecht, den sie mit nährwertfreien Toppings kredenzen: “Fettsucht grassiert in Industrieländern”, “Fettleibigkeit wird weltweit zur Volkskrankheit” oder: “Übergewicht – OECD sieht Fett als Staatsfeind Nummer Eins” schreiben sie auf ihre journalistischen Diättorten.

Auf sueddeutsche.de sieht das dann so aus: Mein Bauch ist Staatsfeind Nummer Eins weiterlesen

Wabbelpampechips

Wabbelpampechips & "Fish"
Wabbelpampechips & “Fish”

Ob das jetzt typisch englische Ekligkeit war? – keine Ahnung. Aber es waren so ziemlich die ekelhaftesten Pommes, die mir als renommiertem Fastfoodtester bisher zwischen die Zähne gekommen sind.

Ich war ja schon ohne jede Begeisterung an die Theke gegangen, jetzt, nachdem ich schon hunderttausend Mal beim Anblick anderer mit der roten Pappbox in der Hand gedacht hatte: “Müsstest du irgendwann auch mal probieren.” Aber mir war nie danach. Auch heute nicht. Aber ich war hungrig und brauchte das Zeug.
Bis dahin hatte ich noch nie länger eine Auslage der in Großstädten zunehmend verbreiteten Kette in Augenschein genommen, (die von sich selbst sagt,
„Klässig`s Fish & Chips ist ein Gastronomiekonzept, welches wir 2003 speziell für Verkehrsknotenpunkte und hochfrequentierte Lagen mit Pendlern, Angestellten und Touristen entwickelt haben“, und zwar als „bodenständige gesunde Fisch-Küche“) – war aber wohl ganz selbstverständlich davon ausgegangen, dass alles, was dort frittiert feilgeboten wird, zum sofortigen Verzehr vorbereitet sei. So hab ich’s doch in der Mensa gelernt.

Ich rief noch “Sie wollen doch jetzt nicht”, doch der ins Fett platschende Frittierkorb machte eine weitere Ausführung meiner Sorge unnötig. Bis auf die Soße war gerade der gesamte Inhalt meiner zuvor nett zusammengestellten “Fish & Chips Box” baden gegangen, zumindest was den Kartoffelteil angeht mindestens zum dritten Mal, seit er vor Tagen, Wochen, Monaten in unförmige Quader geschnitten (oder gepresst?) worden war. Und das ist – ich würde so gerne “bekanntlich” hinzufügen, aber das wäre schon mehr als Optimismus – eine Todsünde. Pommes frites werden genau zweimal frittiert. Bei TK-Kost wurde das erste Fettbad bereits in der Fabrik genommen, weshalb die grob oder fein oder schlicht unförmig geschnittenen Kartoffelstücke zuhause, im Restaurant oder eben bei der Imbissbude nur noch einmal (bei voller Hitze) in die Fritteuse kommen. Und niemals ein zweites Mal!

“Aber die sind doch sonst kalt”, lächelt mich das Aushilfsmädel an, kloppt den Frittierkorb mit einer geübten 180-Grad-Handdrehung in eine Schüssel und folgend dessen Inhalt in die bereits kurz erprobte Pappbox, in die sie während der Sekunden des wärmenden Fettung eine Soße im Waffelschälchen appliziert hatte.
Das Ergebnis sind offenbar die namengebenden “Chips”, von einer fettigen, dünnen Kruste in Quaderform gehaltene Kartoffelpampe.
Da ich nicht wissen will, was drin ist, war die Cocktailsoße in Ordnung. Und so ein paniertes Stück „Seelachs“ (wohl die europäische Pute des Meeres) ist recht unverwüstlich (selbst in meinem Magen). Ob der Herr am Tresen neben mir Experte oder nur eine andere Variante armer Sau war, kann ich nicht sagen, ich verlor ihn, meine gefüllte Pappbox als Tierfutter zu verstauen beschäftigt, schnell aus den Augen. Er hatte die reine Chipsbox gewählt, ohne Fisch und Soße, und sein Clerk hatte die entsprechende Auslage keiner neuerlichen Heißfettkur unterzogen. Kalte Chips klingt jedenfalls nicht eklig. Man stellt sich nur etwas anderes darunter vor. Wie ich bis heute und hoffentlich möglichst bald wieder.

(Erstveröffentlichung HV 27.10.2013)