Große Mehrheit für Pieks

Die überwältigende Mehrheit ist für den Pieks. Dies hat eine repräsentative Suchabfrage bei der Online-Illustrierten FOCUS ergeben. Demnach sprechen 91% aller stimmberechtigten Beiträge vom Pieks mit gedehntem “I”, während nur 9% die dem Duden-“Pikser” nahekommende Variante “Piks” wählen.
“Dieser Tatsache kann sich nun auch die Politik nicht mehr verschließen”, kommentiert HV-Chefredakteur Fred Steinhauer seinen Befund. Was immer zu Beginn der Pandemie über Pikse gesagt worden sei, habe damit seine Gültigkeit verloren.

Corona-Shutdown könnte mehr schaden als nutzen

Der infolge der Corona-Pandemie verordnete Hausarrest führt zu einer deutlichen Zunahme häuslicher Gewalt. Dies geht aus einer prognostischen Studie des Lehrstuhls für Nebenwirkungsforschung der Universität Bielefeld hervor. Demnach könnten die von Ländern und Ämtern in Deutschland angeordneten oder empfohlenen Veranstaltungs- und Versammlungsverbote unterm Strich mehr Schaden anrichten als verhüten. Durch die Schließung von Schulen, Universitäten und Arbeitsstätten würden Alltagsroutinen unterbrochen, was erhebliches Konfliktpotential berge, für das es an erprobten Handlungsmustern fehle. “Für unsere Simulationen haben wir uns Kranken- und Kriminalitätsdaten für Urlaube von einer Mindestdauer von drei Wochen angesehen”, so Studienleiter Professor Fred Steinhauer. Demnach sei für die Zeit des epidemiologisch induzierten Zwangsurlaubs bei gleichzeitig drastischer Beschränkung des Freizeitangebots von einer starken Zunahme von familiärer Gewalt auszugehen. Zwar lasse sich eine Zahl von Toten und Verletzten nicht seriös abschätzen. “Es besteht jedoch deutlich die Möglichkeit, dass die Vulnerabilität innerhalb der nun für z.T. sehr lange Zeit aufeinander bezogenen Kleingruppen die Verhinderung von Corona-Infektionen überkompensiert”, so Steinhauer. Zudem sei mit langfristigen Kosten und sozialen Verwerfungen etwa aufgrund von Scheidungen bzw. Partnerschaftstrennungen zu rechnen, nicht zuletzt durch die Schließung der Prostitutionsbetriebe.
Für die Nebenwirkungsforschung seien die Ergebnisse der Modellrechnungen keineswegs verwunderlich. So berge jeder nicht-lebensnotwendige Krankenhausaufenthalt das Risiko tödlicher Komplikationen, insbesondere infolge einer Sepsis. Steinhauer: “Rein unter dem Gesichtspunkt der Überlebenswahrscheinlichkeit müsste man natürlich jeden derartigen medizinischen Eingriff unterlassen. Allerdings werden tödliche Risiken auch in vielen anderen Lebenslagen in Kauf genommen, etwa beim Autofahren.”

Der bewachte Kriegsschauplatz

papp-panzer_tucholsky_deutschland-deutschland-ueber-allesIm nächsten letzten Krieg wird das ja anders sein… Aber der vorige Kriegsschauplatz war polizeilich abgesperrt, das vergisst man so häufig. Nämlich:

Hinter dem Gewirr der Ackergräben, in denen die Arbeiter und Angestellten sich abschossen, während ihre Chefs daran gut verdienten, stand und ritt ununterbrochen, auf allen Kriegs­schauplätzen, eine Kette von Feldgendarmen. Sehr beliebt sind die Herren nicht gewesen; vorn waren sie nicht zu sehen, und hinten taten sie sich dicke. Der Soldat mochte sie nicht; sie erin­nerten ihn an jenen bürgerlichen Drill, den er in falscher Hoff­nung gegen den militärischen eingetauscht hatte. Der bewachte Kriegsschauplatz weiterlesen

Hannover

Offensichtlich Männerüberschuss
darum händischer Erguss.
Samenstau, Erotikchat
letzte Hoffnung Internet.
Laberköpfe, Rohrkrepierer
alles nur Potenzverlierer.

Verklemmte Niedersachsentussen
das einz’ge Jagdgut für die Luschen.
Prüde, öde und frigide,
träumen was von großer Liebe.
Glauben an den Klapperstorch.
Nicht nur hässlich, auch noch doof.

Diese Stadt macht psychisch krank.
Das größte Irrenhaus im Land.
Wird die Menschheit immer doofer,
liegt es einzig an Hannover.

(Böse Worte)

Mein Bauch ist Staatsfeind Nummer Eins

Mit Alice Schwarzer einer Meinung – im Leben hätte ich nicht gedacht, dass mir das noch passiert. Aber nun ist es soweit – ich muss einen Urspruch der Frauenemanzipation adaptieren: “Mein Bauch gehört mir” haben die Alices und Emmas einst gefordert, und nun ist es an der Zeit, dass wir Männer uns dem – laut wie einst die Frauen – anschließen.

Denn die Penetranz, mit der sich andere – allen voran feminine Politiker – um meinen Bauch öffentlich sorgen, nimmt bedrohliche Formen an. Viel Gezeter haben wir mit Nachsichtigkeit für sozial Zukurzgekommene und intellektuell Zukurzgeratene ertragen, – die Idee von einer Strafsteuer auf Pommes und Schokolade etwa oder die Lebensmittelampel, eine Vorstufe von Rezeptpflicht und dann Totalverbot für Leckereien.  Doch nun wird’s ernst, die behördliche Mobilmachung hat begonnen, die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), “eine Internationale Organisation mit 33 Mitgliedstaaten, die sich der Demokratie und Marktwirtschaft verpflichtet fühlen” (Wikipedia) leistet Aufbauhilfe für neue Kriegsministerien:
Dieser Debattierclub OECD, an dem Deutschland 8% hält, ist beim Kaffeekränzchen auf die Idee verfallen, meinen Bauch zu problematisieren. Vermutlich war gerade kein Krieg, kein Aids-Sterben und keine Hungersnot greifbar, und so sprachen die Ratschlagweisen: “OECD says governments must fight fat.”

Als erste Legionäre sind wie immer die Herren und Damen Journalisten zur Stelle, die dankbar nach dem Pariser Keks greifen und ihre Miesepetrigkeit über die Kundschaft ergießen. In ihren längst rauch- und bierfreien Schreibstuben mit Kaffee-Pad-Automaten hartherzig und hungerhakig geworden, zisseln sie uns einen Buchstabensalat zurecht, den sie mit nährwertfreien Toppings kredenzen: “Fettsucht grassiert in Industrieländern”, “Fettleibigkeit wird weltweit zur Volkskrankheit” oder: “Übergewicht – OECD sieht Fett als Staatsfeind Nummer Eins” schreiben sie auf ihre journalistischen Diättorten.

Auf sueddeutsche.de sieht das dann so aus: Mein Bauch ist Staatsfeind Nummer Eins weiterlesen

“Das Prekariat ist nur ein ästhetisches Problem”

Was die G20-Krawalle bildsymbolträchtig gezeigt haben, untermauert nun eine populistische Studie zu den “Einstellungen bei Wählern und Nichtwählern
vor der Bundestagswahl 2017”: es gibt allenfalls etwas Rauch um nichts. In einer Pressemitteilung heißt es zusammenfassend und sinngemäß: die etablierten Parteien haben nichts zu befürchten, ihr Geschäft ist nicht in Gefahr.
Mangels anderer Themen sprach der Helgoländer Vorbote trotzdem mit Fred Steinhauer-Bertelsmann, dem Leiter eines Gütersloher Debattierclubs, über deutsche Revolutionsgefahren und das Kulturgut des Kadavergehorsams.

populistische-forschungsfragen-zur-traegheit-der-deutschenHV: Herr Bertelsmann, nach Ihrer aktuellen Erforschung der Deutschen trauen die meisten Bürger eher Politikern als anderen Bürgern ihre politische Vertretung zu. Wie ist dieses gesunde Misstrauen zu bewerten?

Bertelsmann: Die meisten Menschen wünschen sich einen starken Führer. Das kann natürlich nicht ihr Nachbar sein, denn von dem wissen sie ja grob, wie er tickt. Politiker bieten sich professionell als Führer an. Aber wenn den Wählern ein guter Schauspieler oder ein Milliardär zur Auswahl steht, nehme sie auch den als Häuptling.

HV: Was kann die Demokratie gegen den populistischen Rest tun, der Berufspolitiker für unfähig, korrupt, raffgierig oder einfach unerträglich langweilig hält?

Bertelsmann: Unsere Demokratie ist da sehr robust. Wer Politikern nicht traut, wählt sie nicht – und nimmt sich damit erfreulicherweise selbst die Möglichkeit auf Mitbestimmung. [siehe Grafik]  Außerdem liebt der typische Populist seine Opferrolle, die würde er nie freiwillig aufgeben.

HV: Halten Sie es nicht für eine Gefahr, dass immer mehr Menschen den bundesweiten Volksentscheid fordern und damit das politische Fachpersonal in wichtigen Fragen entmachten wollen?

Bertelsmann: Auch hier ist unsere Demokratie sehr robust. Ganz gleich, was der ein oder andere Politiker in Wahlkampfzeiten sagt, am Ende wird er die Einführung des Volksentscheids immer ablehnen. Das hat die letzten 68 Jahre geklappt, es gibt keinen Grund anzunehmen, daran werde sich etwas ändern. Die ewige Debatte um Volksentscheide ist ein sehr effizientes Hamsterrad, in das man viele Querulanten bekommt, die sich darin dann müde laufen können, ohne dem System irgendwie zu schaden. Ich sage schon lange: nur per Volksentscheid könnte in Deutschland der Volksentscheid eingeführt werden. [klopft sich auf die Schenkel]

HV: Ihre Studie hat, wenn wir sie richtig verstanden habe, ergeben, dass unter den Ungebildeten „schon fast vier von zehn Wahlberechtigte“ Veränderungen des politischen Systems wollen. Bei den Schlauen mit Abitur sind das nur 14,2%. Braut sich da nicht was zusammen im Prekariat?

nichtwaehler-bellen-aber-beissen-nichtBertelsmann: Natürlich sind die Deppen immer ein Problem. Deshalb ist es wichtig, dass die neuen Zensurmaßnahmen sie vor allem in den sozialen Medien vom Publikum abklemmen. Aber das ist mehr ein ästhetisches Anliegen. Auch der dümmste Hund weiß, dass er besser nicht die Hand beißt, die ihn füttert. Und unsere Zahlen bestätigen das deutlich: die meisten Weltveränderer kläffen mal laut in die Gegend, sind aber sediert genug, unserem System nicht zu schaden.

HV: Trotz der zum Teil beeindruckenden Zahlen geben Sie mit Ihrer Studie also Entwarnung für das Establishment?

Bertelsmann: Man kann unsere Studie auch als Leistungsschau lesen. Der Kapitalismus funktioniert, Bertelsmann geht es gut und das mit Brot und Medien versorgte Volk macht uns keine ernsthaften Probleme.

HV: Vielen Dank für unser demagogisches Gespräch.

Angaben nach dem HV-Transpirationskodex
Abbildung eins: aus dem da von Seite fünfzehn
Abbildung zwei: aus demselben von Seite

Die Beamtenpest

I.
Allein vom Staate wurde die Kultur doch in hohem Grade positiv und negativ bestimmt und beherrscht, indem er von jedem einzelnen vor allem verlangte, dass er Bürger sei. Jeder einzelne hatte das Gefühl, dass die Polis in ihm lebe.
Diese Allmacht der Polis aber ist wesentlich verschieden von der modernen Staatsallmacht. Diese will nur, dass ihr niemand materiell entwische, jene wollte, dass jeder ihr positiv diene, und mischte sich deshalb in vieles, was jetzt dem Individuum überlassen bleibt.
(Jacob Burckhardt: Weltgeschichtliche Betrachtungen)

[…] In den »Weltgeschichtlichen Betrachtungen«, diesem großen Weltbild eines der letzten liberalen Europäer, zeichnet Jacob Burckhardt die griechische Polis mit liebevollen Strichen. Der Vergleich mit den schweizerischen Städten fällt sofort auf: dort der große, mechanistische Staat, der nur materialistische Interessen vertrete; hier das feine, geistige, oligarchische und fast aristokratische Staatsgefüge, das eben vermöge seiner Kleinheit andern Gesetzen unterliege als die Kolosse… es ist wie ein Klageruf um Vergangenes und Vergehendes.
Burckhardt könnte heute zufrieden sein, wie-? Da ist nun ein Europa, in dem es von kleinen und kleinsten Staaten wimmelt; jede kleine Gruppe ist zu einem Staatswesen geronnen, überall flattern neue Fahnen im Wind… Die Beamtenpest weiterlesen

Der Mensch (hat immer eine Fahne)

Ein Schulaufsatz von Kaspar Hauser

Der Mensch hat zwei Beine und zwei Überzeugungen: eine, wenn’s ihm gut geht, und eine, wenn’s ihm schlecht geht. Die letztere heißt Religion.
Der Mensch ist ein Wirbeltier und hat eine unsterbliche Seele, sowie auch ein Vaterland, damit er nicht zu übermütig wird.

Der Mensch wird auf natürlichem Wege hergestellt, doch empfindet er dies als unnatürlich und spricht nicht gern davon. Er wird gemacht, hingegen nicht gefragt, ob er auch gemacht werden wolle. Früchte im Mutterleib werden vom Staat geschützt, solange sie noch nicht draußen sind; wenn sie erst einmal draußen sind, erlischt dieses Interesse. Der Mensch (hat immer eine Fahne) weiterlesen

Tucholskys Verkehr – mit aktueller Anmerkung zum Ampelgehorsam

Der Verkehr

Der Verkehr ist in Deutschland zu einer nationalen Zwangsvorstellung geworden. Zunächst sind die deutschen Städter auf ihren Verkehr stolz. Ich habe nie ergründen können, aus welchem Grunde. Krach auf den Straßen, Staub und viele Autos sind die Begleiterscheinung eines Städtebaues, der mit den neuen Formen nicht fertig wird – wie kann man darauf stolz sein?

Es ist wohl so, dass sich der Einzelne als irgendetwas fühlen muss – der soziale Geltungsdrang, an so vielen Stellen abgestoppt, gebremst, zunichte gemacht, findet hier sein Ventil und dringt zischend ins Freie. „Was sagen Sie zu dem Verkehr bei uns?“ Da sagen wir denn also, dass er überall in Deutschland, ohne jede Ausnahme, viel kleiner ist als etwa der in Paris – die Pariser aber sind über ihre verunstalteten Boulevards todunglücklich und trauern der alten, schönen Zeit nach, da man dort noch spazieren gehen konnte… heute bläst es aus tausend Hupen. Tucholskys Verkehr – mit aktueller Anmerkung zum Ampelgehorsam weiterlesen